Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit seinem Urteil vom 6. Juli 2010 (siehe dazu die Pressemitteilung des BGH vom 06.07.10: Die Präimplantationsdiagnostik zur Entdeckung schwerer genetischer Schäden des extrakorporal erzeugten Embryos ist nicht strafbar) den gesetzlichen Embryonenschutz in unserem Land aufgebrochen und damit eine neue Diskussion um die Menschenwürde provoziert: in einigen Fällen von erblichen Erkrankungen soll diese Selektionsmaßnahme vor der Einpflanzung eines in vitro gezeugten Menschenembryo mit dem geltenden Embryonenschutzgesetz vereinbar sein. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte zuvor bei drei von einem Berliner Reproduktionsmediziner durchgeführten „Kinderwunschbehandlungen“ mit Embryonenselektion (PID) deren Unvereinbarkeit mit dem geltenden Recht (§ 1 Abs 1 Nr.2 und § 2 Abs. 1) festgestellt und gegen einen vom Landgericht Berlin bereits erfolgten Freispruch Revision eingelegt.
Fakt ist: die bei diesen Verfahren getöteten Embryonen wurden rechtlich nicht in den Blick genommen, und blieben gerichtlich „unbeachtet“. Der Freiburger Moraltheologe E. Schockenhoff kommentiert: das Urteil stelle „eine unerträgliche Diskriminierung von behinderten Menschen dar, denen nun mit rechtsstaatlicher Billigung bescheinigt“ werde, dass sie eigentlich schon vor ihrer Geburt hätten selektiert werden sollen, falls es die Möglichkeit dazu gegeben hätte. Für die Justizministerin allerdings geht es um schwierige individuelle Gewissensentscheidungen erblich belasteter Paare. Oder um „die Hilfe zu einem gesunden Kind“ (Ulrike Flach).
ÄfdL e.V. hat bereits am 20.7.2001 zum damaligen Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur PID der BÄK ihre kritische Stellungnahme formuliert und hält an deren Inhalt fest.
Dazu „Selektion widerspricht dem Heilungsauftrag“, Prof. I. Schmid-Tannwald in : Fachzeitschrift für Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2001; 61 S. 504f.