Nachfolgend finden Sie eine kurze Zusammenstellung von Beiträgen im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um die Präimplantationsdiagnostik.

(1.) Keine Wertungswidersprüche zwischen PID Urteil vom 6.7.2010 zum Schwangerschaftsabbruch sieht die Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht:

Präimplantationsdiagnostik: Zulassung, aber ohne Katalog
v. Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
Deutsches Ärzteblatt 2010; 107(51-52), 27.12.10

(2.) Bundesärztekammerpräsident Prof. Jörg-Dietrich Hoppe äußerte sich in der Frankfurter Rundschau am 27.12.10 wie folgt: „Warum sollte es untersagt sein, ein Embryo vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf genetische Schäden zu untersuchen, wenn gleichzeitig bei einer festgestellten Behinderung Spätabtreibungen erlaubt sind?“ Man müsse auch zur Kenntnis nehmen, dass Paare mit Kinderwunsch immer älter würden und damit das Schädigungsrisiko beim Kind wachse.
Ist hier nicht nachzufragen, ob Prof. Hoppe einem Denkfehler unterliegt?

Kurzkommentar (Dr. M. Overdick-Gulden): Die Spätabtreibungsregelung basiert nicht auf der Diagnose einer kindlichen Behinderung, sondern auf der aus der Diagnose möglicherweise erfolgenden schweren Notlage der Schwangeren (etwa ihrer Suizidgefahr). Der Gesetzgeber hat sich verpflichtet, die Diskriminierung des behinderten Menschen zu vermeiden (Artikel 3 GG). Bei PID liegt der Fall indes anders: sie führt die Diskriminierung – die bewertende Unterscheidung zwischen unseren Artgenossen – wieder ein! Denn PID ist einzig auf Selektion ausgelegt.

Der emeritierte Professor für Ethik und Moraltheologie Dietmar Mieth, Tübingen sieht in einem Beitrag für das Domradio vom 04.01.11 bei einer möglichen Zulassung der PID eine „Wand mit Loch“.

Der Trierer Moraltheologe Prof. Johannes Brantl hinterfragt in diesem Zusammenhang die Nobelpreisverleihung an Robert Edwards in theologisch-ethischer Sicht. Das moderne Leben lasse der Realisierung des Kinderwunsches nur ein enges Zeitfenster; das dadurch auftretende vielschichtige Problem der Kinderlosigkeit (gleich welcher Genese!) solle offenbar mittels Medizintechnik überwunden werden. Dabei tauchten ganz neue ethische Probleme auf: kein anderer Zweig der modernen Medizin „verbraucht“ so viel menschliches Leben wie die Reproduktionsmedizin; „nur 20-25% der Paare, die sich für eine Befruchtung entscheiden, gehen auch tatsächlich mit einem Baby nach Hause“.

Vgl. dazu „Nobelpreis: Eine Farce“ von Stefan Rehder im Lebensforum 3/2010 vom Dez. 2010.

In „Das Parlament“ beurteilt der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio die PID-Debatte so: „Fast scheint es, als würde ein Qualitätsmanagementdenken, das ursprünglich aus den Wirtschaftswissenschaften kommt, auch auf den innersten Bereich des Menschen übertragen – nämlich dort, wo zwei Menschen sich für einen neuen Menschen entscheiden.“ (Quelle: Lebensforum 3/2010 S. 32)

Zeitnah wird im DÄBl. v. 27.12. 2010 auf die „Schwester der Medizin“ hingewiesen mit dem Untertitel „Warum wir heute wieder ein Philosophicum brauchen“. Unterzeichnet haben Professoren und Dozenten der Universitäten Bamberg, Tübingen und Würzburg.

„Themen der Zeit“: s. Artikel im DÄBl 107(50) vom 27.12.2010: NS-Medizin: Die Sicht deutscher Emigrantenärzte auf die NS-„Rassenhygiene“ von Prof. Dr. med. Christian Pross, Berlin

FDP-Chef Westerwelle wirft PID-Kritikern „Zukunftsverweigerung“ vor (aerzteblatt.de 06.01.11)