Rezensionen

Abby Johnson: Lebenslinie – Warum ich keine Abtreibungsklinik mehr leite. Sankt-Ulrich-Verlag, Augsburg 2012. 272 Seiten. 19,95 EUR.

Lebenslinie, die den Zaun durchbricht

BuchcoverEs ist jener Zaun, den die 20-jährige Abby Johnson an ihrem selbst gewählten Arbeitsplatz als freiwillige Beraterin in der Planned-Parenthood Klinik verstört wahrnimmt. Was motivierte jene Leute dort drüben zum Widerstand gegen die so eindrücklich vorgebrachten Argumente der Klinikangestellten, doch ganz für ‚Frauen im Konflikt‘ da zu sein? Warum zeigten sie gelegentlich Bilder von abgetriebenen Kindern; warum standen sie zumeist betend und still einfach da, um auf dem Parkplatz abtreibungsbereiten Mütter alternative Lebenshilfe anzubieten? Die Problematiken der anreisenden Frauen waren vielseitig, existenziell; da wollte Abby helfen. Anderen Menschen in ihren Sorgen und Ängsten begleitend beizustehen, das hatte die Einsatzbereitschaft des College-Girls Abby gereizt, als sie auf der Ehrenamtsmesse auf dem Campus in Bryan (Texas) von einer sympathisch wirkenden Frau hört: „Wir helfen Frauen, die sich in einer Krise befinden!“ In Kliniken, die so „wichtig für die Sicherheit der Frauen“ und deren „Selbstbestimmung“ sind! Im Geist des ‚pro familia‘ werde durch Aufklärung über Verhütung, Sexualkunde, reproduktive Gesundheitsleistungen und „kostenlose beziehungsweise sehr preiswerte Geburtenkontrolle“ sowohl für junge Mädchen wie für Verheiratete gesorgt; denn allein durch solche Information könnte Abtreibung „ungefährlich“ werden! Man wolle „Abtreibungszahlen senken“!

Und Abby half, indem sie Frauen vom Klinikparkplatz ins Haus begleitete, mitfühlend, ermutigend, beratend. Dort am Parkplatz, am Zaun aber standen jene Demonstranten, die den bekümmerten Frauen das Recht auf Abtreibung mit Verweis auf das Lebensrecht des Ungeborenen absprachen und deren Not doch noch vergrößerten!

Mit 20 Jahren hatte sich Abby in einer Klinik in Houston als Schwangere per Video über die Prozedur der Abtreibung aufklären und behandeln lassen, nicht weiter nachgedacht, ihr eigenes „Problem“ weggesteckt, vor ihrer gläubigen Familie verheimlicht und gegenüber christlich geprägten Freunden verteidigt. Sie war überzeugte Abtreibungsaktivistin und als solche selbst zu einer zweiten Abtreibung bereit. Ihre berufliche Kariere lief so gut, dass man ihr die Leitung einer Abtreibungsklinik übertrug. Sie war überzeugt, auf der richtigen Seite des Zauns zu stehen und hielt an dem übernommenen Wissen fest, dass Abtreibungen bis zur 12. Woche Frauen in Not davor bewahrten, Kurpfuschern in die Hände zu fallen. Eines war ihr schon klar: Spätabtreibungen zerstören Menschenleben.

Im Lauf der Jahre erfuhr sie dann das sich erweiternde Spektrum ihrer Klinik unter finanziellem Druck: die Abtreibungszahlen „mussten“ gesteigert werden! Immer häufiger wurden Mediziner im Haus aktiv. Und so kam die Wende: über ihre persönliche Beteiligung bei einem „Abbruch“ mittels Absaugmethode. Sie sollte den Ultraschallknopf halten. Da sieht sie das „vollständige, perfekte Profil eines Babys“. „Für einen kurzen Moment sah es so aus, als ob das Baby ausgewrungen würde wie ein Tuch“… und es begann, „in der Kanüle zu verschwinden“. „Und dann war alles weg“. Ausgelöscht. Sie denkt an ihre dreijährige Tochter Grace.

Da hält sie es nicht mehr aus, sie durchquert den Zaun zu jenen, deren täglicher Einsatz freundlich und ohne jeglichen finanziellen Lohn erfolgt. Gerade wollte dort Resignation über den geringen politischen Erfolg aufkommen. Doch nun steht Abby in der „Coalition for Life“, zur Freude ihrer Familie und Freunde. In einem von der PPH angestrengten juristischen Verfahren konnte sie von ihrem „Durchbruch“ überzeugen, sie hatte beide Seiten des Zauns kennen gelernt. Empfehlenswert: eindruckvoll, authentisch.

Dr. Maria Overdick-Gulden