Hirntod und Tod nicht länger gleichsetzen
Die Mitgliederversammlung der Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) hat Mitte Oktober ein Positionspapier zur Organtransplantation beschlossen. Darin schließt sich der Dachverband der Frauenverbände in der evangelischen Kirche, der aus 38 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 3 Millionen Mitgliedern besteht, der zunehmenden Kritik am Hirntodkonzept an, das der Transplantationsmedizin in Deutschland zugrunde liegt. „Hirntote Menschen sind keine Leichen, sondern Sterbende“, erklärte Ilse Falk, EFiD-Vorsitzende und ehemalige stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion am 21.10.13 in einer Presseaussendung.
„Statt an der fragwürdigen Gleichsetzung von Hirntod und Tod festzuhalten, müssen wir uns gesamtgesellschaftlich darüber verständigen, ob wir nicht besser die sogenannte „Tote-Spender-Regel“ aufgeben“, forderte Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen, stellvertretende EFiD-Vorsitzende und Vorsitzende der Konferenz für Diakonie und Entwicklung. Stattdessen sei zu definieren, unter welchen Bedingungen die Explantation von Organen bei hirntoten Sterbenden erlaubt sein soll.
Für eine deutliche Veränderung der Gesetzgebung und der transplantationsmedizinischen Praxis
Die Evangelischen Frauen in Deutschland setzen sich für eine deutliche Veränderung der Gesetzgebung und der transplantationsmedizinischen Praxis ein. Eine der Schwächen des Transplantationsgesetzes sieht der Verband darin, dass die Definition des Todes allein der Bundesärztekammer übertragen wird. „Die Medizin kann den Tod feststellen. Definieren kann sie ihn nicht. Genau das passiert aber nach derzeitiger Gesetzeslage in der Transplantationsmedizin: die Medizin definiert den Hirntod als Tod“, hob Falk hervor. Wann genau menschliches Leben beginne und ende, sei jedoch eine kulturelle Setzung, auf die eine Gesellschaft sich unter Einbeziehung philosophischer, religiöser oder weltanschaulicher und medizinischer Gesichtspunkte verständige.
Ein weiteres Problem sehen die Evangelischen Frauen in Deutschland darin, dass das novellierte Transplantationsgesetz einerseits eine ergebnisoffene Aufklärung vorsieht und andererseits die Förderung der Spendenbereitschaft als Ziel benennt. Angesichts dieses im Gesetz angelegten Zielkonfliktes sei es umso wichtiger, dass die von den zuständigen Stellen verantwortete Aufklärung auch tatsächlich ergebnisoffen und umfassend ist.
„Die vorhandenen Aufklärungskampagnen, etwa die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, sind weit davon entfernt, den Menschen das notwendige Wissen für eine selbstbestimmte Entscheidung zur Organspende zur Verfügung zu stellen“, befindet Pfarrerin Weigt-Blätgen. Sie informierten einseitig über Möglichkeiten der Transplantationsmedizin, ohne die vorhandenen Probleme zu thematisieren und erfüllten damit den gesetzlichen Auftrag nicht. Zudem zeigten die weiterhin deutlich rückläufigen Zahlen bei der Organspende, dass Werbekampagnen untauglich seien, verloren gegangenes Vertrauen der Bevölkerung in die Transplantationsmedizin zurückzugewinnen. Dies sei nur durch tatsächlich umfassende Information zu erreichen.
Weiterführende Informationen:
Organtransplantation – Positionspapier 2013
Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD)
80 Seiten, veröffenlicht 21.10.13 (PDF-Format)