23.11.23: Kommissariat der deutschen Bischöfe zur Debatte einer außerstrafrechtlichen Abtreibungsregelung
Vor dem Hintergrund der aktellen Debatte um eine neue Abtreibungsregelung hat das Kommissariat der deutschen Bischöfe (Katholisches Büro Berlin) am 21.11.23 Stellung genommen. In der Stellungnahme geht es um die Frage ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs möglich ist.
Wie es in der Pressemitteilung vom selben Tag heißt, haben sich die deutschen Bischöfe mit dem Thema am 20.11.23 in der Sitzung des Ständigen Rates in Würzburg befasst. In der nun nach den Beratungen im Ständigen Rat seitens des Kommissariats der deutschen Bischöfe (Katholisches Büro in Berlin) abgegebenen Stellungnahme wird auf folgende Aspekte hingewiesen, die bei der Debatte aus kirchlicher Sicht zu berücksichtigen sind:
„Zu Recht werden in der gegenwärtigen Debatte um den Schwangerschaftsabbruch die Rechte der schwangeren Frau betont. Die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs berührt neben dem Selbstbestimmungsrecht der Frau, ihrer Personalität und Würde ein weiteres existenzielles Interesse: das Recht des Ungeborenen auf Leben, das nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls in der Menschenwürde wurzelt.“, so die Bischöfe.
Eine gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs müsse sowohl die Grundrechtsposition der Frau als auch die des ungeborenen Lebens in verfassungsrechtlich gebotener Weise berücksichtigen. „Dabei ist die besondere Beziehung von Mutter und Kind in der Schwangerschaft zu beachten: Die schwangere Frau trägt das ungeborene Leben in sich („Zweiheit in Einheit“). Es kann nur mit ihr geschützt werden.“ Zugleich sei aber auch zu berücksichtigen, dass ein Schwangerschaftsabbruch zum Tod des ungeborenen menschlichen Lebens führt.
Die Befürworter einer Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts argumentieren, dass die geltende Regelung dem Selbstbestimmungsrecht der Frau nicht hinreichend Rechnung trägt. Sie regen eine Verortung der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts an. Die deutschen Bischöfe haben die große Sorge, dass damit der Anspruch auf gleichen Schutz von ungeborenem wie geborenem menschlichem Leben aufgegeben wird: „Beim vorgeburtlichen Leben handelt es sich von Anfang an um individuelles Leben, das nach christlicher Auffassung Anspruch auf den gleichen Schutz seines Lebens hat und dem die gleiche Würde zukommt.“
Sie verweisen darauf, dass auch das Bundesverfassungsgericht betont, dass spätestens mit der Nidation von einem menschlichen Leben auszugehen ist, das „in seiner genetischen Identität und damit in seiner Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit“ bereits festgelegt ist und dem der verfassungsrechtlich gebotene Schutz unabhängig vom Entwicklungsstadium zu gewähren ist. Es sei nicht ersichtlich, wie nach Entwicklungsstufe und Lebensfähigkeit des Menschen abgestufte Lebensschutzkonzepte diesem ethischen Anspruch und dieser Wertentscheidung unserer Verfassung gerecht werden.
„Das Strafrecht ist regelmäßig der Ort, an dem wichtige Rechtsgüter – wie das Rechtsgut Leben – nach der geltenden Rechtsordnung geschützt werden. Die deutschen Bischöfe halten die Einschätzung, dass die geltenden Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch ungewollt Schwangere sowie Ärztinnen und Ärzte kriminalisieren beziehungsweise stigmatisieren, rechtlich nicht für zutreffend. Das geltende Beratungskonzept setzt auf die letztverantwortliche Entscheidung der Frau nach dem Beratungsgespräch und trägt damit ihrem Selbstbestimmungsrecht Rechnung. Der beratene Schwangerschaftsabbruch ist ausdrücklich straffrei gestellt“, heißt es dazu in der Pressemitteilung zur Stellungnahme.
Vor diesem Hintergrund halten die deutschen Bischöfe an einer Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch fest. Ein abgestuftes Schutzkonzept eröffne zudem die Gefahr, die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens auch in anderen Lebenssituationen abzustufen und damit aufzuweichen. Außerdem betonen die Bischöfe, dass sie nicht erkennen können, dass sich durch die Streichung der §§ 218 ff. StGB die rechtliche und tatsächliche Situation von ungewollt schwangeren Frauen verbessert. Hierfür bedürfe es anderer Anstrengungen der Gesellschaft und des Sozialstaats, für die es keiner Änderung des Strafrechts bedarf.
In der Stellungnahme des Katholischen Büros wird angeregt, bei der Diskussion um §§ 218 ff. StGB in den Blick zu nehmen, dass die geltende Regelung dem Lebensschutz bei einer vermuteten oder diagnostizierten Behinderung des ungeborenen Kindes nicht hinreichend Rechnung trägt.
Weitere Informationen:
21.11.2023: Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – zur Frage einer außerstrafrechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vom 20. November 2023
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