30.03.22: DHPV und DGS fordern gesetzliche Verankerung der Suizidprävention
Seitdem der im Jahr 2015 mit großer Mehrheit im Deutschen Bundestag beschlossene § 217 StGB vor zwei Jahren durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurde, konzentriert sich die öffentliche und politische Diskussion auf die gesetzliche Regulierung der Suizidbeihilfe. Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) und der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) fordern stattdessen eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention. Dazu veröffentlichten sie am 30.03.22 entsprechende Vorschläge.
„Jede Stunde ein Suizid in Deutschland, über 9000 im Jahr. Täglich erleben 500 Menschen den Verlust und die Trauer nach dem Suizid eines nahestehenden Menschen: Eltern, Kinder, Geschwister, Freundinnen und Freunde, Mitschülerinnen und Mitschüler, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn“, erklärte Dr. Ute Lewitzka, Vorsitzende der DGS sowie Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
„Bevor wir überhaupt eine gesetzlich geregelte Suizidbeihilfe diskutieren oder gar zu deren Umsetzung bundesweite Beratungsstellen in Betracht ziehen, muss dringend die Suizidprävention gestärkt werden“, forderte der DHPV-Vorsitzende, Professor Winfried Hardinghaus.
In ihrem gemeinsamen, jetzt vorgelegten Vorschlag zur Regelung der Suizidprävention fordern DHPV und DGS ein Gesetz, das bundesweit die Grundlagen und Rahmenbedingungen für Angebote der Suizidprävention schafft. „Die Debatte um ein entsprechendes Gesetz muss zeitnah im Bundestag geführt und das Suizidpräventionsgesetz noch vor einer gesetzlichen Regelung zur Beihilfe zum Suizid verabschiedet werden“, so Benno Bolze, Geschäftsführer des DHPV.
Forderungen zur Suizidprävention
Konkret fordern DGS und DHPV eine Aufklärung über Suizid und seine weitreichenden Folgen, bundesweite, auch niederschwellige und aufsuchende Beratungsangebote sowie schnelle interventionelle Hilfe. Des Weiteren fordern sie Suizidprävention als wichtigen Aspekt der Gesundheitsfürsorge sowie Suizidalität und Suizidprävention als Pflichtthemen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung für Angehörige der medizinischen, pflegerischen und sozialen Berufsgruppen zu verankern. Zudem schlagen sie eine Begrenzung von Gelegenheiten zum Suizid durch z.B. bauliche Maßnahmen vor.
Diplomgerontologe und Vorstandsmitglied der DGS Dr. Uwe Sperling wies darauf hin, dass Suizid(versuche) meist in großer seelischer Not erfolgen, so nicht mehr weiterleben zu können. „Sowohl die Unterstützung des Einzelnen in dieser Not als auch die Suizidprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe benötigen ein verlässliches Fundament. Deshalb fordern wir zusammen mit dem DHPV den Gesetzgeber auf, Suizidprävention in Deutschland jetzt endlich gesetzlich zu verankern.“
Aktuelle Zahlen
9.206 Menschen starben laut der Mitteilung in Deutschland im Jahr 2020 durch Suizid. Das waren über 25 Personen pro Tag. Männer nahmen sich deutlich häufiger das Leben als Frauen, rund 75 Prozent der Selbsttötungen wurden von Männern begangen. Das durchschnittliche Alter von Männern lag zum Zeitpunkt des Suizides bei 58,5 Jahren. Frauen waren im Durchschnitt 59,3 Jahre alt.
Weit über 100.000 Menschen unternahmen im Jahr 2020 einen Suizidversuch. Etwa 60.000 Menschen verloren im Jahr 2020 einen ihnen nahestehenden Menschen durch Suizid. Nicht selten benötigen auch sie Unterstützung. Nach Angabe der WHO sind von einem Suizid im Durchschnitt mindestens sechs nahestehende Menschen betroffen.
Weitere Informationen:
Dem Leben wieder eine Chance geben
Forderungen der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention und des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands für eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention
30.03.22 (19 Seiten im PDF-Format)
» Informationen des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NASPRO)