29.06.20: AEM-Stellungnahme: Assistierter Suizid und die Rolle von Medizin und Pflege aus ethischer Sicht
Hinweis: Viele der Argumente der AEM in dieser Stellungnahme sind im diametralen Gegensatz zu der Position von Ärzte für das Leben e.V. Wir gegeben diese trotzdem weiter um die Bandbreite der Diskussion darzustellen.
Der Vorstand der Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) in Göttingen hat am 29.06.20 eine Stellungnahme veröffentlicht, die die ethischen Rahmenbedingungen für eine Beteiligung von Ärzt*innen und Pflegenden am assistierten Suizid erläutert.
Die AEM reagiert damit auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.02.2020, das das Recht auf Selbstbestimmung auch für die Entscheidung über den eigenen Tod betont und den Staat auffordert dafür Sorge zu tragen, dass jeder Mensch auf zumutbare Weise seinem Leben selbstbestimmt ein Ende setzen könne. Hier komme es laut AEM nun darauf an, die Heilberufe in angemessener Weise in die künftigen Regelungen einzubinden.
Wie die AEM in einer Pressemitteilung zur Stellungnahme ausführt, seien arztliche und pflegerische Kompetenzen im Vorfeld der Suizidentscheidung, wie auch in der Suizidhilfe selbst wichtig. „Diese Berufsgruppen sind mit den Kontexten und Alternativen von Suizidentscheidungen vertraut und können damit wesentlich zu einer freiverantwortlichen, wohlerwogenen Entscheidung der Betroffenen beitragen“, so die AEM.
Allerdings werde es auch darauf ankommen, die Medizin nicht zu überfrachten, denn nicht jeder Suizid geschehe aus gesundheitlichen Gründen. Und es werde nach Ansicht der Ethikfachleute wichtig sein, ein Modell zu finden, das sowohl der staatlichen Pflicht gerecht wird, Menschen einen realistischen Zugang zur Suizidhilfe zu eröffnen, als auch dem selbstverständlichen Recht aller medizinisch und pflegerisch Tätigen, nicht an einem Suizid mitzuwirken.
Diskussion über die Bedeutung von Suizidwünschen
„Die rechtliche Klarstellung durch das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung damit eine anspruchsvolle Aufgabe gestellt. Für die Gesellschaft insgesamt bietet sich nach dem Urteil aber die Chance, freier und differenzierter über unser Verständnis von Tod und Sterblichkeit sowie über die Bedeutung von Suizidwünschen zu diskutieren. Dazu gehört es auch festzustellen, wo die Rahmenbedingungen für ein würdiges Lebensende in unserer Gesellschaft ungenügend sind und was sich daran ändern ließe. Im Idealfall haben die Menschen zwar ein Recht darauf, sich selbst zu töten, ohne es aber in Anspruch zu nehmen“, heißt es weiter.
Die Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) ist die Fachgesellschaft der in der Medizin-, Pflege- und Gesundheitsethik tätigen Personen in Deutschland. Sie besteht seit 1986 und umfasst derzeit knapp 1000 Mitglieder. Ziel der AEM ist es, den öffentlichen wie auch den wissenschaftlichen Diskurs über ethische Fragen in der Medizin, der Pflege und im Gesundheitswesen zu fördern und für die Interessen des Faches Medizinethik einzutreten.
Weitere Informationen:
Stellungnahme des Vorstands der Akademie für Ethik in der Medizin e.V.(AEM) zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 aus medizinethischer Sicht
(5 Seiten vom 24.06.2020)