13.04.24: Angenommen: Entschließung des EU-Parlaments fordert Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in EU-Grundrechte-Charta
In einer mehrheitlich angenommenen Entschließung fordern die Abgeordneten des Europäischen Parlaments das Recht auf Abtreibung in der EU-Grundrechtecharta zu verankern – eine Forderung, die sie bereits mehrfach erhoben haben. Das Papier wurde in der Sitzung am 11. April 2024 mit 336 gegen 163 Stimmen bei 39 Enthaltungen angenommen.
Die Abgeordneten verurteilen darin laut Pressemitteilung des EU-Parlaments vom selben Tag die „Rückschritte bei Frauenrechten und alle Versuche, den Schutz der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und der Gleichstellung der Geschlechter einzuschränken oder abzuschaffen, einschließlich in den EU-Mitgliedstaaten.“
Konkret wollen sie Artikel 3 der Charta folgendermaßen ändern: „Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Selbstbestimmung, auf einen freien, informierten, umfassenden und allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sowie zu allen damit zusammenhängenden Gesundheitsdienstleistungen ohne Diskriminierung, einschließlich sicherer und legaler Abtreibung.“
Die Abgeordneten fordern die Mitgliedstaaten auf, Abtreibungen im Einklang mit den WHO-Leitlinien von 2022 vollständig zu entkriminalisieren und Hindernisse für Abtreibungen zu beseitigen und zu bekämpfen. des Weiteren fordern sie Polen und Malta auf, ihre Gesetze und sonstigen Maßnahmen in Bezug auf Verbote und Beschränkungen von Abtreibungen aufzuheben. Die Abgeordneten verurteilen zudem die Tatsache, dass in einigen Mitgliedstaaten Abtreibungen aufgrund der „Gewissensklausel“ von Ärzten und in einigen Fällen von ganzen medizinischen Einrichtungen verweigert werden, oft in Situationen, in denen jede Verzögerung das Leben oder die Gesundheit der Patientin gefährde.
Aufklärung und hochwertige Betreuung
Zudem sollten nach dem Willen der EU-Parlamentarier Abtreibungsmethoden und -verfahren verpflichtender Bestandteil der Studienpläne für Ärzte und Medizinstudenten sein. Die Mitgliedstaaten sollten den Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte sicherstellen, einschließlich umfassender und altersgerechter Sexual- und Beziehungserziehung.
Zugängliche, sichere und kostenlose Verhütungsmethoden und -mittel sowie Beratung bei der Familienplanung sollten zur Verfügung gestellt werden, wobei besonderes Augenmerk auf gefährdete Gruppen zu richten sei. Von Armut betroffene Frauen seien unverhältnismäßig stark von rechtlichen, finanziellen, sozialen und praktischen Hindernissen und Beschränkungen für Abtreibungen betroffen, so die Abgeordneten. Sie fordern die die Mitgliedstaaten auf, diese Hindernisse zu beseitigen.
Die Abgeordneten zeigen sich in der Entschließung zudem besorgt über den „erheblichen Anstieg der Finanzierung von Anti-Gender- und Anti-Choice-Gruppen weltweit“, auch in der EU. Sie fordern die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Organisationen, die sich gegen die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frau, einschließlich der reproduktiven Rechte, einsetzen, keine EU-Mittel erhalten. Die Mitgliedstaaten und die lokalen Gebietskörperschaften müssen ihre Ausgaben für Programme und ihre Subventionen für Gesundheits- und Familienplanungsdienste erhöhen, fordern die Abgeordneten.
Zum Hintergrund der Entschließung
Frankreich ist das erste Land der Welt, das am 4. März 2024 Abtreibung ausdrücklich zu einem verfassungsmäßigen Recht erklärt hat. Die Gesundheitsversorgung, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Eine Änderung der EU-Grundrechtecharta, die auch Abtreibungen einschließt, würde die einstimmige Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten erfordern.
Beobachtern zufolge gilt das bislang aber als wenig wahrscheinlich.
In einem Beitrag der „Tagespost“ vom 12.04.24 gibt es weitere Erläuterungen zu den Auswirkungen und zur Kritik an der Entschließung.
Weitere Informationen:
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. April 2024 zu der Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die Charta der Grundrechte der EU (2024/2655(RSP))
Donnerstag, 11. April 2024 – Brüssel
„Recht auf Abtreibung“: Angriff auf die Menschenwürde
Die Tagespost 12.04.24
Abgeordnete für Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in EU-Charta der Grundrechte
Pressemitteilung EU-Parlament 07.07.2022
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