Rezensionen

Kempf, Martina: Frauenfeindlich – Wie Frauen zur Ungeborenentötung gedrängt werden, Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2012, 224 Seiten, 16,90 EUR

Frauenfeindlich – frauenfreundlich

BuchcoverLeben wir in einer Kultur der Freiheit? Einer Kultur, die das Menschenrecht auf Leben und die Unantastbarkeit der Menschenwürde überzeugend praktiziert? Die Selbstbestimmung fördert und zur Emanzipation beiträgt? Diesen Fragen geht die Juristin Martina Kempf, Mutter von drei Kindern, Lebensrechtsaktivistin und ALfA-Vorsitzende im RV-Freiburg, in ihrem Buch „Frauenfeindlich – Wie Frauen zur Ungeborenentötung gedrängt werden“ nach.

Bereits in der Einleitung benennt sie den wesentlichen Punkt, warum die Dinge in der Lebenspraxis so ganz anders liegen als erwartet: die mangelhafte Aufklärung unserer Gesellschaft in biopolitischen Fragen und zur medizinischen Erkenntnis über den Werdeprozess des ungeborenen Menschen. Hervorgehoben wird die Unwissenheit der Bevölkerung über die Folgen der ‚Liberalisierung‘ des § 218 Strafgesetzbuch vor rund 30 Jahren: mittlerweile sind 4,5 Millionen ungeborene Kinder in unserem Staat durch Abtreibung getötet, und ihre Zahl steigt – nach zurückhaltender Statistik – um jährlich 100.000. „Helfen statt strafen“ galt 1995 als Leitlinie und führte zur Änderung des Gesetzestextes in ein „gesetzwidrig, aber straffrei“. Noch immer glauben Politiker, Kirchenvertreter, Beraterinnen und vor allem Medien an die Wirksamkeit dieses Imperativs. Führte dies zu einem Mehr an Selbstbestimmung der Frau, der ‚werdenden Mutter‘?

Die im Buch aufgeführten Beispiele persönlicher Schicksale zeichnen ein anderes Bild. Das von Feministinnen erwünschte „Instrument der Frauenbefreiung“, die Abtreibungsfreigabe, wandelte sich zum Werkzeug der Unterdrückung der schwangeren Frau durch ihre Nächsten, Partner und Angehörige: „Du kannst es doch loswerden“ – „Entweder das Kind oder ich“! Gälte hingegen weiter ein strafrechtlicher Schutz, könnte die Frau, die zu ihrem Kind steht, dem bedrängenden Umfeld entgegnen: „Ich will mich doch nicht strafbar machen!“

Psychotherapeutisch erkannt und ärztlich bestätigt, aber durch parteipolitisch einflussreiche Organisationen wie „pro familia“ – weltweit durch IPPF als „Dienstleisterin“ für sexuelle und reproduktive Gesundheit – der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen, bleiben die vielfältigen somatischen und psychischen Leiden nach erfolgter Abtreibung in weiten gesellschaftlichen Kreisen undiskutiert: das Post Abortion Syndrom, unter dem auch mancher Mann leidet, der das Ja zu seinem Kind und der schwangeren Partnerin – vergeblich – sprach. Neben berührenden persönlichen Aussagen von Betroffenen zitiert die Autorin umfangreiche Belege aus internationaler Fachliteratur zu den krankmachenden Früh- und Spätfolgen vorgeburtlicher Kindestötung. Ihr Fazit: „Von einer frauenfreundlichen Regelung kann also bei der derzeitigen Gesetzeslage zur vorgeburtlichen Kindestötung nicht im geringsten die Rede sein.“

Aufschlussreich ist das Kapitel über Verantwortliche für diese gegenwärtige Problematik. Und: Treten wir Christen denn in der Öffentlichkeit deutlich und hörbar genug gegen diese Unrechtssituation unserer ungeborenen Nachkommen auf? Verhalten sich unsere Kirchen in dem Anliegen des Lebensrechts für alle, die Gott ins Leben rief, eindeutig? Medien, das wissen wir, sind manipulierbar; nicht selten werden Lebensschützer dort als Fundamentalisten diskriminiert, was sich offensichtlich so mancher Verantwortungsträger auch einreden lässt. Rundfunksender stehen unter dem Grundgesetz und sind gem. der Urteile unseres Bundesverfassungsgerichtes der Würde jedes Menschen verpflichtet; halten sie sich daran? Der Geburtenrückgang als Abtreibungsfolge bleibt bis heute ein Politik- und Medien-Tabu.

Erfreulich und ausgesprochen frauenfreundlich: die Autorin bleibt dem Verspechen im Untertitel ihres Buches treu: ihr „Mutmachbuch“ zeigt gelungene Situationslösungen auf und benennt zahlreiche Hilfsangebote im Geist der Kultur des Lebens. Da kann, wenn Viele zusammenstehen, selbst ein „Schwanger mit 13“ gelingen. Und Adoptionsfreigabe bleibt nicht als Szene in einem tragischen Film stehen. Ja, ein Kind mit Downsyndrom wird zum „größten Glück“, das „neue Lebensträume“ entwerfen und Weisheiten sammeln lässt.

Lesenswert und hochaktuell, wenn Politik derzeit PID- bzw. Kinderwunschzentren plant, die nichts anderes als Auslese besorgen und Eugenik zu „Recht“ ummünzen wollen.

Dr. Maria Overdick-Gulden

Veröffentlicht in Lebensforum Nr. 103, 3. Quartal 2012