Neues vom 25.08.11: Leserbrief zu „Wem gehören die Embryonen?“ (Die Tagespost DT Nr. 93 vom 06.08.2011, S. 7)
(Siehe dazu den zugehörigen Artikel in der Tagespost, der online leider nur nach Registrierung bzw. für Abonnenten zugänglich ist).
In die – hoffentlich – weitergehende gesellschaftliche Debatte um die Legalisierung des Selektionsprinzips im Rahmen der In-vitro-Fertilisation stellt der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Spieker in dankenswerter Weise den eigentlich und wesentlich Betroffenen des Verfahrens, den Menschenembryo, in den Mittelpunkt der Reflexion. Wer darf Herr über ihn sein, über ihn bestimmen, wenn er zu den 30-40 sog. Überzähligen solcher Verfahren gehört und einfach „übrig“ bleibt? Auch wenn wir naturwissenschaftlich nicht nachzuweisen vermögen, wann der Geist in den Menschen tritt, wissen wir doch, dass wir im Fall von Unsicherheit darüber, ob wir realiter einem Menschen gegenüberstehen, nie töten dürfen! In der antiken Medizin des Hippokrates hat man dies beachtet, und von aufgeklärten Philosophen und Ärzten wurde dies angemahnt, so im Allgemeinen Preußischen Landrecht festgehalten, das von König Friedrich dem Großen in Auftrag gegeben und 1794 von seinem Nachfolger eingeführt wurde. Die Verpflichtung zum Schutz des menschlichen Lebensrechts galt über mehr als 2000 Jahre als ethischer Leitfaden für die Medizin.
Man kann natürlich Sprachmanipulation betreiben und vom „Präembryo“ reden oder neutralisierend „menschliches Leben“ vor der Nidation vom „Menschen“ im Mutterleib willkürlich unterscheiden. Von der Verantwortung für das willentlich technisch er-zeugte Leben aus der Menschenart, das ja nach dem primären Elternwunsch sich als Mensch weiterentwickeln soll – nur bei Verdacht auf „schwere“ Behinderung eben nicht, und auch nicht bei „Überzähligkeit“ – kann keine irdische Instanz dispensieren. Im Hinblick auf die Zuständigkeit für jedes solche neue Ich, das da entsteht und weiterleben könnte, wenn man es ließe, weiß unsere Gesellschaft und mit ihr die Justiz keine Antwort, sie ist sprachlos und erscheint ethisch überfordert. Die Verantwortung liege allein bei den Eltern, behauptet deshalb ausweichend so mancher Experte. Dennoch glaubt unsere Politik, ein solch tödliches Vorgehen juristisch „in Maßen“ erlauben zu können: auf Behinderung Verdächtige sollten wie auch gesunde „Überzählige“ direkt oder über wissenschaftliche Forschungsverfahren einfach „sterben“! Nicht die Vermeidung von Leid, nicht nur die Eugenik in „ethisch überprüften“ Fällen bildet im Letzten das Ziel; nein, PID als Selektion endet in der Will-Kür gegenüber den Schwächsten unserer Gesellschaft, den Embryonenmenschen, die man nicht be-achtet, um sie nicht achten zu müssen. Man lässt sie sterben, nein, man tötet sie. Der rechtsstaatlich gebotene vorbedingungslose Schutz des Menschen ist seit 7. Juli 2011 aufgekündigt.
Was bleibt dem nachdenklichen Bürger? Unser immer neu und nachhaltig geäußerter Un-Mut über solches Un-Recht!
Dr. med. Maria Overdick-Gulden, Trier